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Breitbandgeschäftsmodelle: Eine Frage der Wertschöpfung

Berlin, 29. Januar 2020 | Autor: Matthias-Magnus Dudzus, Geschäftsführer tktVivax GmbH und Vivax Consulting GmbH

Dass die Glasfaser kommt, ist in vielen Kommunen Deutschlands keine Frage mehr. Doch welches Breitbandgeschäftsmodell das richtige ist, darüber besteht vielerorts noch Unsicherheit. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, die sich vor allem hinsichtlich Wertschöpfung und Ertragschancen, aber auch in Sachen wirtschaftlicher Risiken unterscheiden.

 

Der Passivnetzbetreiber

Ein Passivnetz zu errichten und zu vermarkten, ist sicherlich das einfachste Breitbandgeschäftsmodell. Hier übernimmt der Netzbetreiber als „Dark-Fiber-Anbieter“ lediglich den Bau des Glasfasernetzes und sorgt für die Hausanschlüsse. Für die Installation der Aktivkomponenten – also vereinfacht gesagt alle Netzkomponenten, die Strom benötigen – sowie Netzbetrieb sorgt dann der Pächter des Netzes. Dies sind in der Regel Carrier und Telekommunikationsunternehmen. Die Verpachtung eines Passivnetzes kommt vor allem für Gebietskörperschaften oder kleinere Unternehmen infrage, die sich scheuen, die für einen Aktivnetzbetrieb notwendigen Kompetenzen und die damit verbundenen personellen Ressourcen aufzubauen. Der Netzbau an sich ist in der Regel mit den vorhandenen Erfahrungen eines Netzbetreiber sowie seiner Partnerunternehmen zu bewältigen. Zudem sind die Kosten für ein solches Netz meist gut kalkulierbar. Das gilt auch für die Pacht, mit der die Investitionen in einem überschaubaren Zeitraum refinanziert werden können. Für die Kalkulation der Pacht gibt es dabei ganz unterschiedlichen Modelle: Sie kann beispielsweise am möglichen Kundenpotential oder je aktiven angeschlossenen Endkunden festgelegt werden. Aber auch in Form eines Festbetrags, der monatlich oder jährlich abgerechnet wird. Da die Wertschöpfungstiefe bei diesem Breitbandgeschäftsmodell ausgesprochen gering ist, sind auch die zu erwartenden Margen eher überschaubar. Dafür ist die Verpachtung eines Passivnetzes mit relativ geringen Risiken verbunden. Nicht nur weil kein eigenes Know-how und damit Personal aufgebaut werden muss. Der Aktivnetzbetreiber tritt zudem normalerweise unter eigenem Namen auf. Das bedeutet, dass es nicht negativ auf den Netzbetreiber zurückstrahlt, wenn es zu technischen Problemen kommt oder der Service des Aktivnetzbetreibers mangelhaft ist.

Der Aktivnetzbetreiber

Mit dem Betrieb eines Aktivnetzes lässt sich die Wertschöpfungstiefe deutlich steigern. Hier muss aber zunächst die Frage des Betreibers geklärt werden. Normalerweise wird eine Kommune das lokale Stadtwerk beziehungsweise dessen Telekommunikationstochter bevorzugen. Doch bei den nötigen Investitionen für solch ein Netz werden schnell EU-Ausschreibungen notwendig, die diesen Wunsch torpedieren können. Auch lohnt es sich, genau darauf zu achten, welche Bedingungen die Vergabe von Fördermitteln vorsehen. Denn auch diese sind oft mit Vorgaben verknüpft, die die Vergabe stark beeinflussen. Natürlich müssen für den Betrieb eines Aktivnetzes deutlich weitergehende Kompetenzen und ein eigens dafür zuständiges Team aufgebaut werden, denn ein Breitbandnetz ist technologisch etwas völlig anderes als etwa ein Stromnetz. Das gilt auch für die Partner, die mit einzubeziehen sind, wie etwa die „Übertragungsnetzbetreiber“ der überregionalen Backbones.

Vom Netzbetreiber zum Diensteanbieter

Wer sich als Aktivnetzbetreiber positioniert, sollte darüber nachdenken, ob er nicht auch zusätzlich Diensteanbieter wird. Oft braucht ein Aktivnetzbetreiber dazu Partner, die die entsprechenden Produkte für Internet, Telefonie und IPTV im Portfolio haben. Lagert er diesen Prozess komplett aus, sind seine Einflussmöglichkeiten, die Qualität des Angebots mitzubestimmen, eher gering. Weil die Produkte in der Regel als White-Label-Angebote – also im Namen und mit dem Logo des Stadtwerks – vermarktet werden, schlagen technische Probleme oder ein schlechter Service direkt auf das eigene Image durch, die Kundenbeziehungen können dadurch durchaus strapaziert werden. Bietet das Stadtwerk die Dienste in Eigenregie mit geringer Unterstützung Dritter an, kann ein Stadtwerk seine bestehenden Kundenbeziehungen einsetzen, um auch Breitbandprodukte erfolgreich zu vermarkten, unter anderem als Kombi-Produkte. Anders als über externe Dienste können so auch Cross-Selling-Potenziale erschlossen werden, in dem Breitband- mit Energieprodukten oder anderen Angeboten aus dem eigenen Portfolio gekoppelt werden. Dabei bietet es sich an, zumindest den 1st-Level-Support über das eigene Kundencenter abzuwickeln. Denn gerade diese Nähe zum Kunden könnten überregionale Diensteanbieter nicht abbilden. Als Komplettanbieter aufzutreten, erschließt auch die größten wirtschaftlichen Potenziale. Denn dieser Markt ist vergleichsweise aufgeräumt und der Preiskampf ist längst nicht so intensiv wie etwa beim Strom. Auch die erzielbaren Margen pro Kunde sind deutlich höher. Jedoch eignet sich ein solches Modell nur bei hinreichend großem Kundenpotenzial und genauer Analyse des Marktes vor Ort.

Matthias-Magnus Dudzus
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